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Quantenphysik, Esoterik und Religion
Inhaltsübersicht
3.0. Fragestellungen
3.1.Vorführung von physikalischen Erscheinungen
3.2. Quantenphysik und Erkenntnis
3.3. New Age-Bewegung und Esoterikwelle
3.4. Die Verwendung der Quantenphysik in der Esoterik
3.5. Reaktionen von Theologen auf die Quantenphysik
Fragestellungen:
Durch die Quantenphysik und besonders durch die Heisenberg'sche Unschärferelation (1927) wurde scheinbar die Gültigkeit des naturwissenschaftlichen Weltbildes in Frage gestellt. Seither gibt es darüber endlose philosophische Diskussionen und auch die Theoretiker der Esoterik, die sich seit den 70' er Jahren als eine große Alternative oder Ergänzung zum christlichen Glauben anpreist, griffen die Theoreme der Quantenphysik auf, um ein „ganzheitliches“ Weltbild und eine alternative „sanfte“ Naturwissenschaft zu begründen. Gibt es also mit Hilfe der Quantenphysik die langgesuchte Verbindung zwischen Materie und Geist, zwischen Mensch und Natur, zwischen Subjekt und Objekt?
Wie gehen esoterische Theoretiker mit der Quantenphysik um?
3.1. VORFÜHRUNG VON PHYSIKALISCHEN ERSCHEINUNGEN:
Bei diesem Thema wechselte der Religionskurs in einen Physikraum, wo Schüler mit aufgebauten Geräten die folgenden physikalischen Erscheinungen demonstrierten:
1.Elektronen (mit Masse) als Teilchenerscheinung
2.Licht (masselos) als Wellenerscheinung
3.Elektronen als Wellenerscheinung
4.Licht als Teilchenerscheinung
3.2. Quantenphysik und Erkenntnis
Zur Anfang des 20.Jahrhunderts entdeckte Albert Einstein ein physikalisches Phänomen, das die ganze damalige wissenschaftliche Welt auf den Kopf stellte. Er publizierte seine Entdeckung 1905 - im gleichen Jahr, in dem er seine spezielle Relativitätstheorie der Öffentlichkeit präsentierte. Auf die Frage, was Licht sei, werden die meisten behaupten, daß Licht nichts anderes als eine Wellenerscheinung sei, da sie schon einiges von der “Wellentheorie des Lichtes” gehört haben. Doch stimmt dies wirklich?
Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts wurden alle Lichtphänomene durch diese Theorie beschrieben, denn bis dahin hatte man vor allem diverse Lichtspektren (Interferenzmuster von Licht) beobachtet und jene ließen sich alle perfekt mit einer Wellenstruktur des Lichtes erklären. Einstein stellte jedoch eine Hypothese auf, wonach das Licht aus einzelnen Lichtteilchen (Photonen) bestehe. Dies stieß damals auf großen Widerstand seitens aller führenden Physiker, weil man mit den “Teilchenbildern” die Lichtspektren nicht deuten konnte. Es entstand folgende Dualismus-Problematik: entweder hat das Licht eine Wellen- oder eine Teilchenstruktur, denn beides konnte es entsprechend der klassischen Physik nicht sein.
Jedoch gelang Einstein in dieser Situation eine rein mathematische Beweisführung seiner Theorie, wonach das Licht eine Doppelnatur besitze. Und so wurde die “Entweder - Oder - Dualismus - Problematik“ zu einer “Sowohl - Als Auch- Theorie“. Und diese Tatsache war damals in der newton'schen Physik ganz unbekannt; bis dahin “machte die Natur keine Sprünge”. Denn wie kann man sowohl die Wellen- als auch die Teilchenstruktur in einem einzigen Bild vereinen?
Sehr bald wurden weitere experimentelle Befunde gemacht, welche diese Doppelnatur des Lichtes stützten. Außerdem stellte sich heraus, daß sich Elektronen, welche man bis dahin als geladene Teilchen ansah, ebenso wie die Photonen verhalten, denn man konnte bestimmte Elektronenversuche (z.B. Elektronenbeugungsröhre) nur durch “Wellenbilder” deuten. Alle Objekte, die diese Struktur aufwiesen, wurden ab diesem Zeitpunkt als Quanten bezeichnet. Heute gibt es in der Physik eine spezifische Fachrichtung, die sich mit diesen Objekten auseinandersetzt, nämlich die Quantenphysik.
Nach dem heutigen Stand der Quantenphysik sind Quantenobjekte weder Wellen noch Teilchen, d.h. der “Sowohl - als auch – Dualismus“ wandelte sich zu einem “Weder - Noch” ab.
(vgl. Feynman, R.P., Leighton, Sands: Vorlesungen über Physik, Oldenbourg Verlag München/Wien 1973)
Aber warum stellte diese rein physikalische Erkenntnis die ganze Welt auf den Kopf? Da damals die Situation vollkommen unbekannt war, warf sie sehr viele alte aber auch neue Fragen aus allen Lebensbereichen auf; z.B. mußte die Frage, inwieweit der Mensch die Natur erklären kann, vollständig neu diskutiert werden. Außerdem mußte auch die Objektivität der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse neu formuliert werden.
Mit dem Komplementaritätsprinzip von Niels Bohr und der Heisenberg'schen Unschärferelation - beides 1927 als „Kopenhagener Deutung“ der Quantentheorie bekannt geworden - war der „Umsturz im Weltbild der Physik“ vollzogen. Nach Bohrs Komplementaritätsprinzip erfaßt man mit der Vorstellung von einem Elektron als Teilchen nur einen Aspekt der Wirklichkeit, aber nicht die gesamte Wirklichkeit. Ebenso ist es, wenn man vom Wellenbild ausgeht. Beide Aspekte scheinen sich zu widersprechen, gehören aber notwendigerweise zum Ganzen. Heisenbergs Unschärferelation besagt, daß es zwar möglich sei, den Ort eines Quantenteilchens q mit Genauigkeit zu messen; dann kann man aber gleichzeitig nichts mehr über den Impuls p sagen. Umgekehrt gilt das, wenn man den Impuls p genau mißt. Das Ergebnis ist also jeweils abhängig von der Fragestellung der Beobachtung. Es ist unmöglich, Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens gleichzeitig genau anzugeben. Daraus folgte die Einsicht in eine gewisse Grenze für die naturwissenschaftliche Erkenntnis, die Ablösung von einem zu strengen deterministischen Weltbild und eine philosophische Diskussion über die Erkenntnistheorie und das Weltbild der Naturwissenschaften insgesamt.
Anmerkung
Sowohl Heisenberg, der philosophisch Platoniker war, als auch Niels Bohr, der das Komplementaritätsprinzip holistisch umfassend zu verstehen schien, da er es auf alle möglichen Bereiche übertragen wollte, haben dabei neben ihren streng wissenschaftlichen Darstellungen sehr weitreichende philosophische und weltanschauliche Äußerungen gemacht. Heisenberg interpretierte die Unschärferelation sogar als Ende des streng naturwissenschaftlichen Weltbildes.
3.3. NEW - AGE - BEWEGUNG UND ESOTERIK - WELLE
Die New - Age - Bewegung entstand Anfang der siebziger Jahre als Alternativbewegung gegen die herrschenden Industriegesellschaften. Gegen eine zerstörerische Technik und Naturwissenschaft erhoffte man sich ein neues Zeitalter mit einem neuen Lebensstil, einer sanfteren Technik und einer anderen Art von Wissenschaft über der Natur. Man suchte in anderen Religionen z.B. in der östlichen Mystik oder in Naturreligionen nach alternativen Anschauungen, die das Bewußtsein für diese Probleme erweitern und mögliche Lösungen geistig vorbereiten sollten. In allen Industriegesellschaften sollte eine „sanfte Verschwörung“ und eine Art stiller Revolution, d.h. eine Änderung des Denkens, der Weltanschauung und der Lebensverhältnisse einsetzen. Seit den achtziger und neunziger Jahren zeigt sich das Phänomen der Ausbreitung der Esoterik in den „aufgeklärten“ westlichen Gesellschaften.
Hauptaussagen von New Age:
- Das neue Zeitalter, das „Zeitalter des Wassermanns“, beginnt bald.
- Es bringt uns Frieden, Harmonie und Liebe .
- Da im Universum alles miteinander verbunden ist, müssen wir uns auf Gesamtes konzentrieren, um Probleme zu
lösen, nicht auf Details, wie es die westliche Forschung praktiziert (Beispiel: Krebsforschung).
- Ein erweitertes Bewußtsein bezieht auch „übersinnliche“ Bereiche mit ein (also Astrologie, Wirkungen von
Geistkräften z.B. Geistheilungen, Lunatismus usw.)
Argumente, die ein Verbindung zur modernen Wissenschaft herstellen:
- In der moderne Wissenschaft zeige sich, daß alles mit allem verbunden sei (Quantenphysik: Nichtlokalität).
Bei der Quantenphysik würden Experimente und Ergebnisse durch das menschliche Bewußtsein beeinflußt.
Der Mensch finde sich also (als Subjekt) selbst in den Naturphänomenen (Objekt) wieder.
Die moderne Physik komme durch Experimente und die östliche Mystik durch Meditationen zu gleichen Ergebnissen. Asiatische Weisheit habe „schon immer“ manches gewußt, was die moderne Wissenschaft erst in neuerer Zeit herausgefunden habe. (z.B. bei Fritjof Capra, Das Tao der Physik 1987)
Mittel bei der Argumentation:
Aussagen der östlichen Mystik und Aussagen von berühmten Physikern werden aus dem Zusammenhang gerissen, verändert und in einen neuen Zusammenhang gestellt, um eigene Behauptungen „wissenschaftlich“ zu belegen. Um sich vor solchen Manipulationen zu schützen, muß man, wenn Zitate gebracht werden, die Originaltexte lesen und herausfinden, wie sie ursprünglich gemeint waren (Quellenforschung).
3.4. DIE VERWENDUNG DER QUANTENPHYSIK IN DER ESOTERIK
„Die moderne Physik sagt das auch!“
Mit solchen und ähnlichen Sätzen wird man oftmals konfrontiert, wenn man esoterische Lehren liest. Denn auf diese Weise versuchen Esoteriker ihre Lehren zu begründen, während sie ihre Zuhörer andererseits mit schönen „Träumereien“ (“wir sind alle eins“, „ewiger Weltfriede“ etc.) ködern. Sehr häufig wird in der Esoterik der Holismus-Gedanke formuliert: Es gebe eine „Vernetzung“ des gesamten Universums, alles sei also eins. Diese These wird angeblich durch das EPR - Paradoxon gestützt (so M. Ferguson, Die sanfte Verschwörung).
Das EPR - Paradoxon:
Durch die Unbestimmtheit physikalischer Größen im atomaren Bereich (Heisenberg'sche Unschärferelation) ist die Welt nicht mehr völlig vorherbestimmbar, womit sich seinerzeit auch Einstein nicht abfinden konnte. Darauf hat er zusammen mit Podolsky und Rosen ein Gedankenexperiment ( das EPR - Paradoxon) entwickelt, um die Unschärferelation zu widerlegen: Von einer Quelle werden korrelierte „Quantensplitter“ zu den Meßgeräten A und B ausgesendet. Wenn man nun in A die vertikale Polarisationsebene mißt, ist aufgrund der Korrelation auch die vertikale Polarisationsebene des anderen Quantensplitters bei B bestimmt. Einstein wollte nun die Korrelation gegen die Unschärferelation ausspielen: Wenn die Quantensplitter den Sender verlassen haben, könnte einem Beobachter einfallen, bei B die Horizontalkomponente zu messen, während bei A die Vertikalkomponente gemessen wird. Würden nun beide Meßapparaturen etwas messen, wäre dadurch ein Quantenobjekt vollständig erfaßbar, und dadurch wäre die Unschärferelation widerlegt. Andernfalls müßte ein Signal vom Punkt A mit Überlichtgeschwindigkeit zu Punkt B gesendet worden sein, was aber nach der Relativitätstheorie nicht möglich ist, wodurch die Quantentheorie ebenfalls widerlegt wäre. Die Esoteriker gehen davon aus, daß durch die Messung in A - nachdem die Quantensplitter den Sender verlassen haben - tatsächlich auch B beeinflußt würde. Es müsse also eine Art transzendierte Vernetzung zwischen A und B geben. Daraus wird der Schluß gezogen, daß das gesamte Universum ineinander vernetzt sei und daß deshalb alles EINS sei. Durch diese Behauptung wollen Esoteriker paranormale Phänomene wie Telepathie als Teil einer transzendenten Wirklichkeit legitimieren. Man kann an diesem Beispiel also sehen, wie aus quantenphysikalischen Überlegungen ganz neue Weltsichten herausinterpretiert werden können.
Können paranormale Phänomene physikalisch erklärt werden? (Nach Prof. M. Lambeck)
Phänomene, welche die Physik nicht erklären kann (paranormale Phänomene, Psi-Phänomene), können zwar trotzdem existieren. Es müßte sich dafür aber eine neue bisher unbekannte physikalische Kraft oder eine neue physikalische Theorie finden lassen. Wenn die Behauptungen über diese Phänomene aber im Gegensatz zur bisherigen Physik stehen, können sie nicht existieren.
Beispiel: Einige Heilkundler behaupten, daß Eisenatome aus dem Hämoglobin besondere „Lebenskräfte“ besitzen oder solche aus Meteoriten „kosmische Kräfte“ in sich tragen. Die Homöopathie behauptet, durch Hochpotenzierung könne der geistige „Eindruck“ einer Wirksubstanz in der Lösungsflüssigkeit aufbewahrt werden.
Die Natur kann durch 4 Naturkräfte beschrieben werden:
1.Die starke Kraft : Sie hält die Atomkerne zusammen.
2.Die schwache Kraft: Sie ist für den radioaktiven Zerfall zuständig.
3.Die elektrische Kraft: Elektronenpaar-Bindung, elektrisches Feld und elektromagnetische Welle.
4.Die Gravitation
Der Mensch kann folglich nur innerhalb dieser Kräfte Information und Energie übertragen. Die Informations- und Energieübertragung beruht physikalisch auf optischen und/oder akustischen Reizen oder auf Materietransport. Der Mensch gibt beim Denken keine elektrischen Signale nach außen ab. Denken allein kann also zu keinen Wirkungen außerhalb des Körpers führen. Viele Menschen wenden sich zunehmend von der Schulmedizin ab und vertrauen sich Geist-, Fernheilern und Hellsehern an oder glauben an „Heilstrahlen“ von Edelsteinen (s. Anmerkung). Alle diese Phänomene wären nur nur eine bisher nicht existente 5. Kraft erklärbar. Deshalb sind entsprechende Begründungen der New-Age-Physik und Behauptungen esoterischer Heiler unhaltbar. Wo ungeklärte Phänomene auftreten (z.B. außergewöhnliches Ortungsvermögen von Tieren) sollte in diesen Fällen verstärkt geforscht werden.
3.5. REAKTIONEN VON THEOLOGEN AUF DIE QUANTENPHYSIK
Der evangelische Theologe Wolfhart Pannenberg definiert Theologie als Wissenschaft von Gott. Außerdem geht Pannenberg davon aus, daß es keine teilbare Wahrheit gebe und damit auch keinen Gegensatz zwischen Theologie und Wissenschaft. Somit müßten auch die modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse von Theologen anerkannt und in die Religion eingebunden werden. Sogar das Beweisverfahren der Naturwissenschaft solle auf die Theologie übertragen werden.
Weitere Übertragungen sieht er auf folgenden Gebieten:
1.Das Gebiet der Gesetzmäßigkeit und der Kontingenz:
Alles Neue und Unvorhergesehene (Kontingenz) werde
als Wirken Gottes aufgefaßt. Die Gesetzmäßigkeit hänge von Gottes kontingentem Handeln ab.
2.Das Gebiet des Feldes:
Der Feldbegriff der Physik wird auf Gottes Wirken übertragen. So soll Gott als eine Art wirkende Geisteskraft verstanden werden, wobei weniger der „Intellekt“ als der alttestamentarische bewegende „Windhauch“ gemeint sei. So versteht Pannenberg auch Engel als Kräftefelder oder dynamische Sphären.
3.Das Gebiet der Evolutionstheorie:
Die Welt solle als eine Art göttliche Schöpfung begriffen werden, die als Ganzes und in Teilbereichen kontingent sei. Dabei sei der Urknall, der zur Entstehung der Welt geführt haben könnte, von Gott ausgegangen. Jede Kreatur der Schöpfung müsse in jedem Augenblick von Gott bewahrt werden, wenn sie nicht auseinanderfallen soll. Die Schöpfung vollziehe sich ständig neu, bzw. werde in jedem Moment neu bestätigt.
4.Kritische Frage zur Beurteilung Pannenbergs:
Darf man die Theologie wirklich auf diese Weise , d.h. so direkt, mit der modernen Naturwissenschaft vermischen ? (Aus Zeitgründen konnte hier keine weitere Erörterung oder Kritik erfolgen).
Anmerkung:
Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang auch das Buch „Es geht um Ihre Heilung“ (1996) des evangelischen Pfarrers und jetzigen Talkmasters Jürgen Fliege, in dem er neben anderen nichtschulmedizinischen Heilmethoden wie Bachblütentherapie angebliche gesundheitsfördernde Wirkungen von „Heilwasser“ mit dem „neuesten physikalischen Weltbild“ erklärt, „das die Welt als eine Fülle von Schwingungen, Wellen und Resonanzen“ sehe.

Autoren: Jg. 13 (Abi99), Lehrer Gerhard Glombik Datum: Mai 99. Letzte Änderung am 25. Mai 2002
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