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"Ehemalige Ukrainische Zwangsarbeiter zu Besuch"

Vortrag am 19.05.2005: Ehemalige Zwangsarbeiter auf Spurensuche

Am Donnerstag, dem 19.Mai 2005, hatten wir, die Schüler der 10./11.Klassen und die Lehrer des Johanneums die Möglichkeit mit Zeitzeugen aus der Ukraine, die in der Zeit des NS-Regimes in der Umgebung Lüneburgs als Zwangsarbeiter lebten, zu sprechen. In einer kurzen Einführung von Herrn Dr. Rausch nannte dieser die dreifache Bestrafung der Opfer:
  1. die Behandlung in Deutschland,
  2. die Behandlung in der Sowjet-Union,
  3. das nicht entschädigte Leid.
Durch diese Bestrafung wurden sie zu "Opfern seit Jahrzehnten"!!!
Außerdem erklärte Herr Dr. Rausch, dass die Zwangsarbeiter aus dem Osten eine der am wenigsten bekannten Gruppe seien, da kaum etwas über die 8 Millionen Opfer in Schulbüchern oder Zeitungen stehe.
Die ehemaligen Zwangsarbeiter, die uns besuchten, waren:

Manche von ihnen brachten Angehörige mit. Begleitet wurden sie von der Dolmetscherin Frau Baka (24 Jahre alt), die in der Ukrainischen Nationalstiftung arbeitet.

Nach der Einführung erzählten zwei Gäste aus ihrem damaligen Leben:
Frau Siliverst sagte mit Tränen in den Augen, dass sie mit 17 Jahren verschleppt und zur Firma Ibus gebracht worden sei. Dort musste sie Holz zuschneiden, als Bezahlung bekam sie Essenskarten. An einem Tag musste sie mit 150g Brot, 20g Margarine und einer Rübe oder anderem Gemüse auskommen. Außerdem hatte sie bei Ibus mit deutschen Frauen zusammen gearbeitet, aber über diese habe sie nichts Schlechtes zu sagen, fügte Frau Siliverst hinzu. Sie wünscht uns allen, dass wir so etwas Grausames nie erleben würden und dass der Krieg nie wieder komme.
Herr Shulyak erklärte uns, auch nicht ganz ohne Tränen, dass er 10 Jahre alt gewesen sei, als der Krieg anfing, und vier Jahre später nach Deutschland gebracht worden sei. Allerdings sei er auf dem Weg nach Deutschland erst für 8 - 9 Monate in ein Lager in Polen gekommen, dann in ein Lager in Deutschland, in dem es nach 3 - 4 Tagen kaum noch Nahrungsmittel gegeben habe, und dann sei er nach Barendorf zu einem Bauern gebracht worden. Dort habe er Holz hacken, die Tiere füttern und deren Ställe säubern müssen. Herr Shulyak sagte, dass der Bauernhof groß genug gewesen sei um immer etwas zu tun zu haben. Später fand er auch noch den Cousin seiner Stiefmutter wieder. Als er durch die Amerikaner befreit wurde, nahm ihn sein Patenonkel auf, weil sein Vater im Krieg gestorben war. Außerdem erzählte er, dass der Rest seiner Familie sich nicht über das Wiedersehen gefreut habe. Noch heute habe er große Angst, dass der Faschismus wiederkomme, er habe in seinem Leben zu viel Blut gesehen und wünsche uns, dass wir so etwas nicht erleben müssten.

Nun durften wir unsere Fragen loswerden:

1) Was waren die Auswahlkriterien um nach Deutschland zu kommen?
2) Was ist mit den kleinen Kindern der Verschleppten passiert?
"Meine Mutter war gerade nach Deutschland verschleppt worden, als ich geboren wurde. Wir wurden ins Krankenlager gebracht, weil wir beide durch die Geburt sehr geschwächt waren. Nachdem es uns besser ging, half meine Mutter anderen Kranken und arbeitete somit als Krankenpflegerin. Nach ca.9 Monaten war der Krieg zu Ende und wir durften wieder nach Hause." (Frau Vovkogon)

3) Wie haben Sie sich mit den Deutschen verständigt?


4) Hatten Sie noch Hoffnung nach Hause zu kommen?
Frau Kolganowa hatte kaum noch Hoffnung, da überall Tote lagen. Doch wenn sie Briefe nach Hause geschrieben hatte und eine Antwort von zu Hause zurückkam, dann war das schon ein kleiner Lichtblick.

5) Hatten Sie Flucht- oder Selbstmordgedanken?
"Nein, weil ich mitbekam, wie eine Flüchtige eingefangen und vor aller Augen erschossen wurde."(Frau Kolganowa)

6) Wie lange mussten sie arbeiten?

7) Wie wurden Sie behandelt?
8) Mussten Sie Ihre Wäsche selbst waschen oder wurde die gar nicht gewaschen?

9) Wo haben sie gewohnt, die in den Fabriken gearbeitet haben?

10) Haben Ihnen Ihre deutschen Mitarbeiter/innen Essen abgegeben?
"Nein, die bekamen zwar mehr als wir, aber das reichte auch gerade mal für sie." (Frau Siliverst)

11) Wie war die Rückkehr 1945?
Herr Shulyak erinnert sich, dass er sich im Mai auf den Heimweg machte und erst im Herbst zu Hause ankam.

12) Wie wurden Sie zu Hause empfangen? Wie sah Ihr Leben nach dem Krieg aus?
13) Erinnern Sie sich noch oft an damals oder ist das doch Vergangenheit und fast vergessen?
Frau Siliverst erklärt, dass sie sich noch oft daran erinnert und dass die Erinnerungen an damals meistens mit Tränen verbunden sind. Außerdem glaube sie nicht, dass man so etwas vergessen könne.

Nachdem unsere Fragen beantwortet wurden, verabschiedeten wir unsere Gäste mit gebührendem Applaus. Aber mit dem Besuch im Johanneum war ihre Reise noch nicht beendet. Denn auf ihrem Plan stand am nächsten Tag noch der Besuch ihrer ehemaligen Arbeitsplätze bzw. deren Standorte auf dem Programm.

Sophie C. Hagemann


obenAutor: Sophie C. Hagemann 10 F 1 Web: Gisela Müller     Datum: Mai 2005. Letzte Änderung am 17.Juni 2005
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