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Niklas Luhmann
Foto: Archiv Landeszeitung

"Einer der einflussreichsten Soziologen kam aus Lüneburg"


Aus "Lüneburger Landeszeitung" vom 8.12.1998

Der Lüneburger Soziologe Dr. Gunter Runkel, Dozent der Universität, hat sich lange mit dem Werk Niklas Luhmanns beschäftigt. Er würdigt den jüngst verstorbenen Wissenschaftler als einen der einflußreichsten Soziologen.

Dr. Gunter Runkel schreibt:


Klassiker der modernen Wissenschaft

Klarheit, ein besonderes Raffinement, Tiefenschärfe und Humor zeichnen Luhmanns Schriften aus. Seine Entwicklung und Verfeinerung der Systemtheorie lieferte eine umfassende Gesellschaftstheorie.

Heute wäre Niklas Luhmann 71 Jahre alt geworden. Der Soziologe ist einer der größten Söhne Lüneburgs. Am 8. Dezember 1927 wurde er an der Ilmenau geboren, absolvierte sein Abitur 1944 am Johanneum. Nach dem Jurastudium war er von 1950 bis 1960 im Niedersächsischen Kultusministerium tätig. Anschließend studierte er Soziologie bei Talcott Parsons an der Harvard University. 1968 erhielt der Lüneburger eine Professur für Soziologie in Bielefeld. Er gehört zu den bedeutendsten und einflußreichsten Soziologen unserer Zeit.

Wenn Luhmann sich mit angrenzenden Wissenschaften wie Wirtschaft, Erziehung, Religion oder dem Rechtssystem beschäftigte, erschütterte er das Selbstverständnis der dortigen Wissenschaftler, weil er neue Perspektiven eröffnete und sich nicht auf Teilbereiche beschränkte.

Sein Ausgangspunkt ist die Systemtheorie von Talcott Parsons. Sie versucht, über Konstruktionen die Wirklichkeit einzufangen und geht von der Beobachtung aus, daß sich in der Wirklichkeit Systembildungen feststellen lassen. Bei der Analyse der Wirklichkeit stellt sich Luhmann die Frage: Wie ist gesellschaftliche Ordnung möglich? Salopp formuliert, wieso soll irgend jemand etwas sinnvoll finden, tun oder unterstützen, wenn es auch anders möglich ist. Dies führt er auch in "Gesellschaftsstruktur und Semantik" aus.

Luhmanns Systemtheorie zerlegt die Wirklichkeit in verschiedene Bereiche mit ihren Funktionen: das Organismussystem, das Persönlichkeitssystem, das Sozialsystem und das Kultursystem. Sie stehen im Austausch miteinander und durchdringen sich gegenseitig.

Das Sozialsystem wiederum gliedert unter anderem das ökonomische System, das Familiensystem, das politische System oder das Wissenschaftssystem. Niklas Luhmann untersucht sie auf Funktion, Leistung und ihre Beziehung zu sich selbst, das heißt auf ihre Reflexion. Er hat dieses Modell beispielsweise in seinen Werken "Soziale Systeme", "Soziologische Aufklärung" und "Zweckbegriff und Systemrationalität" mitentwickelt.

In neuerer Zeit beschäftigte sich Luhmann mit dem politischen System und umweltsoziologischen Fragen. Außerdem lieferte er Studien zu anderen Funktionsbereichen der Gesellschaft, so in "Die Kunst der Gesellschaft", "Die Wirtschaft der Gesellschaft", "Das Recht der Gesellschaft", "Die Wissenschaft der Gesellschaft" und in "Die Gesellschaft der Gesellschaft". Dies war seine letzte große Arbeit, in der er den sozialen Anteil der Gesellschaft zum Thema macht.

All das macht den Soziologen zum modernen Klassiker, lesenswert für jede Wissenschaft.

Niklas Luhmann starb am 6. November 1998 in Oerlinghausen bei Bielefeld.


nach obenAutor: Alfred Blohm, Datum Januar 1999. Letzte Änderung am 14. April 2006
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