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1834-1884 Fünfzig Jahre Realklassen des Johanneums aus der Sicht ihres ersten Hauptlehrers Carl Kühns (1808-1888)


Die Schulrevision von 1852 und 1860

In der Zeit 19. bis 22. März 1852 ist wieder einmal der Oberschulrat Dr. Kohlrausch zu einer "Revision" des Johanneums in Lüneburg10. Über seinen Gesamteindruck berichtet er u. a.: "Das Johanneum hat eine Höhe erreicht, welche die Anstalt zu der bedeutensten des Königreichs macht. Die Gesammtschülerzahl ist 366, die der Fremden 153. Das Lehrercollegium zählt 14 ordentliche Mitglieder; die Klassenzahl ist 10. Es bedürfte billig noch eines Lehrers zur Erleichterung vieler unter der Zahl, da sämmtlich mit Arbeit, zwar nicht überladen, so doch bis zu völligen Anstrengung ihrer Kräfte in Anspruch genommen sind. Und außerdem wäre zur Vollendung des ganzen Systems noch eine untere Klasse der Realschule zu errichten, denn zwischen der Quinta des Gymnasiums und der dritten Klasse der Realschule ist eine Lücke. (...)
Wenn ich den Totaleindruck der ganzen Schule mir vergegenwärtige, so ist derselbe insofern ein ganz entschieden positiver gewesen, daß mir in allen Classen, ohne Ausnahme, ein guter Geist entgegengetreten ist, wie denn auch wohl wenige Anstalten sind, in welchen dieser Geist so entschieden und ohne Ausnahme in dem Lehrercollegium hervortritt."
Welchen Eindruck hat nun Carl Kühns beim Schulrat hinterlassen? Hierzu kann man 1852 lesen: "In der Realschule habe ich den Inspector Kühns in einer Rechenstunde und im Französischen in seiner ersten Klasse gehört. Der präcise, etwas manirirte, aber ganz lustige Lehrer zeigte sich wie immer. Die Classe war im Ganzen zu loben (...)." Bei der "Revision" im September 1856 wird festgestellt, daß das Johanneum seinen alten Ruf in vollem Maße rechtfertigt11. Weiter heißt es über den Lehrer Kühns: "Er entwickelte die Lösung cubischer Gleichungen und zwar so, daß er die Schüler selbst mitfinden ließ. Sie zeigten auch Lust und Eifer. Besonders geschickt bewährte sich einer, welcher in diesem Herbste in die polytechnische Schule übergehen will und der Beschreibung des Lehrers zufolge, die volle Reife für den Cursus der Hauptschule besitzt. Die Lüneburger Realschule hat überhaupt schon mehrere recht vorbereitete Schüler in die polytechnische Schule geliefert, was sie vorzüglich dem geschätzten und eifrigen Inspector Kühns zu verdanken hat."
Von der "Revision" des Jahres 1860 sind u. a. folgende Bemerkungen bekannt: "Realschule. Erste Classe. Arithmetik. Kühns. Wiederholung der Theorie der Gleichungen; Ausführung einer Gleichung mit zwei Unbekannten an der Tafel durch einen Schüler, der nicht ohne Gewandheit operirte. (...) Der Lehrer bleibt sich gleich in Eifer und Lebhaftigkeit, so wie auch Geschick im Unterricht nicht zu verkennen ist. Leider tritt doch auch dabei seine Eitelkeit zu Tage. (Mit den Gymnasiasten steht er in einer Art Krieg, indem diese es mitunter absichtlich versäumen, ihn zu grüßen, weil er zweimal Secundaner auf der Straße darüber zur Rede gestellt hat.)
Französisch. Kühns. Übt Redensarten und Regeln ein, spricht nicht ohne Gewandheit Französisch. Die Classe zeigt sich aber recht mittelmäßig. Es ist kein einziger guter Kopf dabei, deren es früher mehrere gab. (...)
Zweite Classe. Französisch. Kühns. 55 Schüler in einem langen und schmalen Zimmer (...), so ungünstig gestaltet und gelegen, an einer viel befahrenen Straße, daß die Lehrer schreien müssen, um verstanden zu werden, und die hinteren Schüler fast nicht verstehen können. Der Dr. Volger, der hier Deutsch, Latein und Geschichte zu lehren hat, erklärt ganz entschieden, daß er die Anstrengungen nicht mehr ertrage und nicht dafür stehen könne, daß die Schüler etwas beraten und auch gehörig in Ordnung bleiben. Alle Lehrer, die hier unterrichten, auch Kühns und Maier, führen dieselbe Klage, und die ganze Haltung der Classe in der Stunde, welcher ich beiwohnte, bestätigte den mangelhaften Zustand derselben. Die Aufmerksamkeit war in meiner Gegenwart zwar ziemlich gut, doch konnte ich die hinten Sitzenden nicht beobachten; aber die Leistungen in Anwendung der Regeln über einige Präpositionen waren höchst mangelhaft. Auch kommen Fehler, wie le latte und ähnlich häufig genug vor. Eine solche Masse von zum Theil ziemlich rohen Schülern, die von unten herkommen, kann nicht gehörig gefördert werden. Es ist eine neue Classe zwischen der zweiten und dritten, die zusammen über hundert Schüler zählen, und die Anstellung eines neuen Lehrers nöthig (....)"
Diese letzte Anregung wird auch umgehend bis Michaelis 1860 in die Tat umgesetzt und die Realschule um eine zusätzliche 5. Klasse erweitert12, nachdem bereits im Jahr 1858 eine vierte Klasse eingerichtet wurde
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10. Revision 19.-22.03.1852 des Johanneums in Lüneburg durch das Oberschulkollegium Hannover (Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv, Hannover, Hann. 130, Nr. 511, Pos. 5)
11. Revision 11.-13.09.1856 des Gymnasiums in Lüneburg (Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv, Hannover, Hann. 130, Nr. 511, Pos. 7)
12. C. Kühns (Inspector): Geschichte der Realschule des Johanneums. In: Programm des Johanneums zu Lüneburg zur Feier der funfzigjährigen Amtstätigkeit des Directors Dr. Wilhelm Friedrich Volger am 12. October 1865, Lüneburg


nach oben Autor: Walter Kühns (Urgroßenkel), Web: Gisela Müller Datum Februar 2004. Letzte Änderung am 29. Juli 2004
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