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 saeulenWochenplan im Lateinunterricht

Mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Schülern im Lateinunterricht

1.) Einleitung 2) Kennzeichen und Ziele auf ab 3.) Aufbau eines Wochenplanes
4.) Selbstkontrolle 5.) Schülerverhalten 6.) Lehrerrolle
7.) Eigene Lehrererfahrung 8.) Facit 9.) ../../nahLiteratur
../../nah Ausführliches Beispiel für einen Wochenplan


unten oben auf ab Einleitung

Insbesondere am Gymnasium erscheint der pädagogische Innovationsbedarf aufgrund einer sich dramatisch verändernden Schülerschaft und den sich daraus ergebenden unterrichtlichen Folgen besonders groß zu sein, so daß ein Rückgriff auf reformpädagogische Ansätze, wie sie in anderen Schulformen schon seit Jahren erfolgreich erprobt werden, unvermeidlich erscheint. Da die Schüler bereits aus der Grundschule und der Orientierungsstufe mit Wochenplanarbeit vertraut sind, stellt sich die Frage, inwieweit der Lateinunterricht an diese Erfahrungen anknüpfen und für seine Ziele nutzbringend einsetzen kann.

Wochenplanarbeit - mit diesem Begriff wird oft eine Unterrichtsform verbunden, die ausschließlich dem Grundschulbereich zugeordnet wird, die im Gymnasium jedoch keine Berechtigung zu haben scheint. Hier stehen immer noch ein spezieller Leistungsgedanke und die zu erfüllenden Rahmenrichtlinien in Vordergrund. Die unterrichtliche Struktur wird noch weitgehend durch den fragend-erarbeitenden Unterricht und das rezeptive Lernen geprägt: Der Lehrer ist alleiniger Initiator des Lernprozesses, der Schüler lernt, was der Lehrer wünscht. Wochenplanarbeit kann dieser weitverbreiteten unterrichtlichen Situation am Gymnasium entgegenwirken und Schülern Möglichkeiten zum selbständigeren, effektiveren Lernen eröffnen, anstelle allzuoft nur belehrt zu werden.

oben auf ab Kennzeichen und Ziele der Wochenplanarbeit

Wochenplanarbeit ist stets lernzielbezogen und findet auf der Basis der Rahmenrichtlinien statt. Ziel der Wochenplanarbeit ist es, daß die Schüler einen umfangreicheren, schriftlich festgelegten Arbeitsplan (aus einem oder mehreren Fächern) in eigener Regie be- und erarbeiten. Innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens (meist eine Woche) können sie die Reihenfolge der Aufgabenbearbeitung frei wählen und sich die Zeit nehmen, die sie zur Bearbeitung der jeweiligen Aufgabe benötigen. Der Wochenplan ermöglicht es den Schülern, einen eigenen Arbeitsrhythmus zu entwickeln und Phasen von Anspannung und Entspannung während der Wochenplanarbeit selbst zu bestimmen. Der Lernprozeß wird individualisiert, es findet kein Lernen „im Gleichschritt“ statt.

Wochenplanarbeit besteht in einer Zusammenfassung und Ausweitung der sonst über die Woche zerstreuten Kurzphasen von Still-, Partner- und Gruppenarbeit. Die Schüler erhalten mit dem Wochenplan konkrete Arbeitsaufträge, es werden verbindliche Anforderungen an sie gestellt. Der Impuls zur Bearbeitung der einzelnen Aufgaben geht dabei vom Schüler selbst und nicht vom Lehrer aus. Die Reihenfolge der Aufgabenbearbeitung und die Zeiteinteilung können frei - innerhalb des zeitlichen Gesamtrahmens - bestimmt werden. Der Wochenplan eröffnet dem Schüler die Möglichkeit zur eigenständigen Begegnung mit dem Unterrichtsgegenstand. Von den Schülern wird dies als befriedigend und motivierend empfunden. Motivierend wirkt sich auch die Selbstkontrolle aus. Die Schüler können anhand von Kontrollblättern ihre Arbeitsergebnisse weitgehend selbst kontrollieren.

Zu Beginn der Wochenplanarbeit müssen die Schüler den Plan zunächst überschauen und überlegen, in welchen Arbeitsschritten sie vorgehen wollen, welche Aufgaben sie in der Schule, welche zuhause bearbeiten wollen. Die Schüler müssen selbst einschätzen, wieviel Zeit sie für die Erledigung der Aufgaben benötigen, und ihre Arbeitszeit auf die noch zur Verfügung stehende Zeit verteilen. Auch die Sozialform ist den Schülern freigestellt. Sie bevorzugen jedoch Partner- oder Gruppenarbeit, während Einzelarbeit die Ausnahme bleibt. Neben inhaltlichen Lernzielen lernen Schüler somit eigenverantwortlich und zielgerichtet zu handeln. Gleichzeitig wird die Teamfähigkeit und Kooperationsbereitschaft gefördert.

oben auf ab Aufbau eines Wochenplanes

Ein Wochenplan setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen:

  1. Pflichtaufgaben
  2. Wahlpflichtaufgaben
  3. Zusatzaufgaben

Die Pflichtaufgaben sind für alle Schüler gleich und verbindlich und ergeben sich unmittelbar aus dem Lehrplan. Der Pflichtbereich sollte nicht zu umfangreich und zu anspruchsvoll gestaltet sein, so daß den Schülern noch genügend Zeit für die beiden übrigen Aufgabenbereiche verbleibt. Die Zusatzaufgaben sind in erster Linie für leistungsstärkere Schüler bzw. Arbeitsgruppen bestimmt, die bereits sowohl die Pflicht- als auch die Wahlpflichtaufgaben gelöst haben. Bei den Wahl- und Zusatzaufgaben können Vorschläge, Neigungen und Interessen der Schüler berücksichtigt werden. Alle Arbeitsaufträge sollten von allen Schülern gelöst werden können, klar formuliert und attraktiv gestaltet sein, so daß eine Lernsituation entsteht, in der sie an Fragestellungen und Problemen gemeinsam arbeiten und miteinander lernen können.

Zur Planung der Aufgabenbearbeitung hat es sich für die Schüler als sinnvoll erwiesen, den Wochenplan mit einem Zeitplan zu versehen, der das jeweilige Datum und die entsprechende Unterrichtsstunde aufführt. Durch Abstreichen der vergangenen Tage und Unterrichtsstunden wird somit für die Schüler die Zeitplanung und -einteilung erleichtert. Des weiteren befindet sich unter jeder Aufgabenstellung eine Erledigt- und Kontrollspalte. Schüler wie Lehrer erhalten auf diese Weise einen Überblick über den jeweiligen Stand der Wochenplanbearbeitung. Die Kontrollspalte soll die Schüler zudem daran erinnern, ihre Arbeitsergebnisse selbständig zu kontrollieren.

oben auf ab Selbstkontrolle

Die Selbstkontrolle der Arbeitsergebnisse während der Wochenplanarbeit ist nicht obligatorisch, man kann auch völlig auf sie verzichten und eine gemeinsame Kontrolle während einer Abschlußbesprechung zum Wochenplan durchführen. Dabei ist es auch möglich, daß die Schüler ihre Arbeitsergebnisse z.B. in Form einer kleinen Ausstellung präsentieren und zusätzlich erläutern, wie sie gearbeitet haben und in welchen Schritten sie vorgegangen sind. Die Selbstkontrolle anhand von Kontrollblättern, welche die Schüler eigenständig aus einem entsprechenden Ordner entnehmen können, sollte immer dort angewandt werden, wo es die Aufgabenstellung zuläßt. Denn die eigenständige Überprüfung der Arbeitsergebnisse bietet wesentliche Vorteile:

Die Selbstkontrolle während der Wochenplanarbeit wirkt sich positiv auf das Lernverhalten aus und fördert die Selbständigkeit. Die Schüler können jederzeit eine Rückmeldung erhalten, ob ihr Ergebnis richtig oder falsch ist. Niemand wird wegen eines Fehlers vor der Klasse bloßgestellt oder kritisiert. Da andere Personen bei der Selbstkontrolle nicht beteiligt sind, kann man auch von Selbstbekräftigung sprechen, ein wichtiges Element des selbständigen Lernens.

oben auf ab Schülerverhalten

Bei der Neueinführung von Wochenplanarbeit ist vorab ein Klassengespräch sinnvoll, in dem folgende Fragen erörtert werden sollten:

Insbesondere sollten die Funktion der Selbstkontrolle und der Umgang mit den Kontrollblättern besprochen werden. Auch auf die Formen der Zusammenarbeit und das Verhalten während der Wochenplanarbeit ist einzugehen. Wo es notwendig erscheint, lassen sich diese Punkte auch detailliert in einer Klassengeschäftsordnung festlegen.

Da die Schüler aller Klassenstufen bereits Erfahrungen mit Gruppen-, Partner und Stillarbeitsphasen besitzen, ist es ohne große Schwierigkeiten möglich, diese Phasen in Form eines Wochenplans zusammenzufassen. Anfängliche Hilfen des Lehrers werden schnell überflüssig, die Schüler sind rasch in der Lage, ihren Lernprozeß eigenständig zu organisieren. Zu Beginn einer jeden Wochenplanstunde wird die Wochenplanarbeit unaufgefordert von den Schülern aufgenommen und fortgesetzt. Die Schüler arbeiten aus eigenem Antrieb, wenn man ihnen nur die Gelegenheit dazu bietet.

Während der Wochenplanarbeit herrscht eine entspannte Unterrichtsatmosphäre, die Schüler zeigen ein intensiveres und ausdauernderes Arbeitsverhalten als im herkömmlichen Unterricht. Sie sind dabei aufgefordert, mit ihren Mitschülern in Verbindung zu treten, auf Probleme ihrer Mitschüler Rücksicht zu nehmen und sowohl gegenseitig Hilfen zu geben als auch anzunehmen (kooperative Sozialform). Der gewährte Freiraum wird von den Schülern sinnvoll und konstruktiv genutzt. Da engagiert und motiviert arbeitende Schüler weniger Disziplinschwierigkeiten verursachen, verringern sich auch die Störungsquote und Erziehungskonflikte im Unterricht.

Neben Fachkompetenz erwerben Schüler während der Wochenplanarbeit auch Methoden- und Sozialkompetenz:

oben auf ab Lehrerrolle

Für den Lehrer ist Wochenplanarbeit mit einen anderen Rollenverständnis verbunden: Er ist nicht mehr Lenker und Initiator des Lernprozesses, nicht mehr Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens. Er muß seine Kontrollfunktion und seine „Einmischung“ in die Arbeit der Schüler weitgehend aufgeben. Der Unterrichtende fungiert als Lernberater, welcher die Schüler anhält, methodisch zu denken und zu planen. Ziel ist es, daß der Lehrer immer mehr überflüssig wird. Die so gewonnene Zeit kann für lernschwächere Schüler genutzt werden, mit denen gezielt einzelne Aufgaben bearbeitet oder bestimmte Unterrichtsinhalte wiederholt werden. Wochenplanarbeit eröffnet somit die Möglichkeit zu einem differenzierten Unterricht, in dem leistungsschwächere Schüler gefördert und ihre fachlichen Defizite abgebaut werden können.

Die Wochenplanarbeit entlastet den Lehrer jedoch nicht von Überprüfungsarbeiten. Er muß ständig Informationen sammeln: Durch Rundgänge in der Klasse muß er sich vergewissern, ob die Schüler mit der Aufgabenstellung zurechtkommen. Er muß die Wochenplanordner nach jeder Stunde oder nach Abschluß der Wochenplanarbeit durchsehen und kontrollieren. Zusätzlich ist eine Nachbereitung des Wochenplans erforderlich, um einzelne Themen des Plans zu vertiefen und um Probleme und Schwierigkeiten bei der Bearbeitung zu erörtern. Für den Lehrer stellen solche Klassengespräche eine wichtige Informationsquelle für seine weitere Arbeit mit Wochenplänen dar.

oben auf ab Eigene Erfahrungen

Nach meinen eigenen Erfahrungen lassen sich Wochenpläne auf vielfältige Weise im Lateinunterricht einsetzen. Schüler können Lehrbuchlektionen oder Lektürekapitel anhand von Wochenplänen selbständig erarbeiten. Besonders eignen sich Wochenpläne zur grammatischen Wiederholung, da sich hier die Selbstkontrolle anhand von Kontrollblättern sinnvoll einsetzen läßt. Es lassen sich sowohl bestimmte grammatische Phänomene gezielt einüben oder wiederholen als auch eine Generalwiederholung der bisher erarbeiteten Grammatik vornehmen. Letzteres ist besonders sinnvoll z. B. nach Abschluß des ersten Lateinbandes (Ende Klasse 8, bei Latein II) oder vor Beginn der Übergangslektüre. Ebenso habe ich aber auch neuen grammatischen Stoff durch Wochenpläne erarbeiten lassen, allerdings habe ich mich dabei zumeist auf Lehrbuchlektionen mit einer Neueinführung aus dem Bereich der Formenlehre beschränkt. Solche Wochenpläne müssen Arbeitsblattcharakter besitzen und Übungselemente zur Vertiefung und Sicherung aufweisen. Nach meiner Einschätzung besteht jederzeit die Möglichkeit, nach einer traditionellen Grammatikeinführung die restliche Lektion durch einen Wochenplan erarbeiten zu lassen.

Zusätzlich bieten Wochenpläne die Möglichkeit zum fächerübergreifenden Unterricht. Ich habe u.a. einen Wochenplan zum Thema „Wasser“ erstellt, der von einem lateinischen Lehrbuch- und Informationstext zum Thema Thermen ausging und mit Quellen- und Bildmaterial zur antiken Wasserversorgung und Hygiene (Geschichte), zu unserem heutigen Umgang mit dem Rohstoff Wasser im Haushalt (Sozialkunde) und zu dem Problem der Wasserversorgung in südlichen Ländern im Mittelmeerraum (Erdkunde) verknüpft worden ist. Die Schüler konnten die Unterrichtsstunden aller vier beteiligten Fächer zur Bearbeitung des Wochenplans frei nutzen, die Fachgrenzen waren dabei aufgehoben.

Für mich als Lehrer bedeutet Wochenplanarbeit einen erhöhten Aufwand bei der Unterrichtsvorbereitung: Aufgaben müssen formuliert, attraktive Zusatzmaterialien müssen zusammengestellt und ggf. Lösungsblätter erstellt werden. Dieser erhöhte Zeitaufwand wird jedoch durch eine reduzierte Unterrichtvorbereitung während der Wochenplanarbeit ausgeglichen, da ich in dieser Zeit weitgehend vom Unterrichten freigestellt bin und somit Freiräume für die individuelle Beratung und intensive Beobachtung einzelner Schüler gewinne.

Der entscheidende Punkt liegt für mich aber nicht in der eventuellen Mehrbelastung, sondern in meiner veränderten Lehrerrolle: Der Unterrichtsverlauf wird nicht mehr von mir bestimmt, ich bin nicht mehr diejenige Person, an der sich das Lernen vollzieht. Die Erfahrung, daß Schüler auch ohne mich arbeiten, konnte ich anfänglich nur schwer akzeptieren, zumal ich dieses während meiner Ausbildung nicht gelernt hatte.

Ich habe in mehreren Schulklassen beobachtet, daß während der Wochplanarbeit intensiver und ausdauernder gearbeitet wird als im traditionellen Unterricht. Während sich die Schüler im Frontalunterricht recht leicht „verstecken“ können und nur gelegentlich eine Aktivität von ihnen verlangt wird, sind sie in den Arbeitsgruppen gezwungen, kontinuierlich und zielstrebig zu arbeiten, da sie ohne ständig wiederholte Aufforderung zu einen bestimmten Termin vorweisbare Arbeitsergebnisse vorlegen müssen. Auch ursprünglich demotivierte und „schulmüde“ Kinder arbeiten konsequent an den Wochenplänen, da sie jedem Schüler Ergebnisse, Lernfortschritte und Erfolge vermitteln.

Mit dem ../../nah beigefügten Wochenplan wurde ein Lektürekapitel (Caesar, BG 1,2) von den Schülern einer 10. Klasse (Latein II) erarbeitet. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Phaedrus-Fabeln als Übergangslektüre und Plinius-Briefe als erste Originallektüre gelesen und waren sowohl mit der Lexikonarbeit als auch mit den wichtigsten Stilmitteln vertraut. Die im Unterricht benutzte Textausgabe bot den lateinischen Originaltext sowie die wichtigsten Vokabelhilfen, so daß die Interpretationsaufgaben des Wochenplans sinnvoll und erforderlich erschienen. Die eingefügten Karikaturen sollten den Wochenplan auflockern und jeder Seite ein unverwechselbares Aussehen verleihen. Das Schwergewicht der Aufgabenstellungen lag auf dem Wahlpflichtbereich, um den Schülern einen möglichst großen Entscheidungsfreiraum zu eröffnen. Die zur Verfügung stehende Zeit war großzügig bemessen, da die Klasse zuvor noch nicht mit Wochenplänen gearbeitet hatte und deshalb eine eingehende Einführung in die neue Unterrichtsform erforderlich war.

oben auf ab Fazit

Wochenplanarbeit ist eine Unterrichtsform, die sich auch im Lateinunterricht problemlos einsetzen läßt und ein wesentliches Element zur Öffnung des Unterrichts darstellt. Im meinem Lateinunterricht haben Wochenpläne einen festen Platz, jedoch dürfen sie nicht zur alleinigen Unterrichtsform oder ihr Einsatz überstrapaziert werden. Gerade auch in der Kombinationswirkung von traditionellen Unterrichtsmethoden und selbstbestimmten Lern- und Arbeitsformen liegen Nutzen und Chancen für Schüler wie Lehrer.



obenAutor und Web: Fred Radewaldt  Datum: Februar 97. Letzte Änderung am 22. Juli 1999
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